Synökologischen Einheiten (Einheiten, in denen Einzelorganismen verschiedener Arten oder deren Populationen aufgrund ihrer Umweltbeziehungen zusammengefasst sind) wurden und werden immer wieder Eigenschaften von Organismen zugeschrieben. Solche Beschreibungen sind in verschiedener Hinsicht sehr umstritten. Ich behandle das wissenschaftstheoretische Problem, inwieweit es zum naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinn sinnvoll sein kann, synökologische Einheiten nach dem Modell eines Organismus zu beschreiben, einem Modell, das wesentlich bestimmte teleologische Annahmen voraussetzt. Meiner Analyse lege ich Kants Organismusbegriff aus seiner Kritik der Urteilskraft zugrunde. Daraus lässt sich für die Ökologie ableiten: Die erste und einzige Möglichkeit objektiven Erkenntnisgewinns liegt in der kausalen Erklärung ökologischer Phänomene, die ohne jegliche teleologische Annahmen über die betreffende synökologische Einheit oder deren Elemente auskommt. Wo hingegen nur die Möglichkeit, nicht aber die Notwendigkeit des Auftretens bestimmter Merkmale von synökologischen Einheiten kausal erklärbar ist, bieten sich als heuristische Ergänzung zwei Möglichkeiten der teleologischen Beurteilung: (a) Merkmale werden auf „äußere Organisationen“ der an einer Einheit beteiligten Einzelorganismen zurückgeführt und damit auf die Bedeutung (Zweckmäßigkeit) der jeweiligen Umweltfaktoren für diese. Die synökologische Einheit selbst wird in diesem Fall jedoch nicht als Organismus und damit teleologisch beurteilt. (b) Merkmale werden auf die „innere Organisation“ der synökologischen Einheit zurückgeführt; die beteiligten Einzelorganismen werden unter dieser Perspektive nicht mehr selbständig als Organismen, sondern als Organe oder Organbestandteile der synökologischen Einheit als Organismus betrachtet. Der Begriff eines „synökologischen Organismus“ ist in diesem Fall möglich, aber heuristisch nur sinnvoll, wenn auf andere Weise kein Erkenntnisgewinn möglich ist. Die Analyse einer Reihe von Beschreibungen synökologischer Einheiten aus der ökologischen Literatur zeigt, dass zu einer solchen Heuristik zumeist kein Grund gegeben ist: So sind die Begriffe „Organisation“ (auch „Selbstorganisation“), „Funktion“, „Emergenz“, „Hierarchie“, „Selbsterhaltung“ und „Regulation“ in ihren auf Organismen bezogenen Bedeutungen zur Beschreibung von Ökosystemen in deren kausal erklärbaren Eigenschaften ungeeignet. Sollte man die genannten Begriffe dennoch verwenden wollen, müssen ihre Bedeutungen klar von denen abgegrenzt sein, die sie bezogen auf Organismen haben. Wo Eigenschaften von Biozönosen auf Wechselbeziehungen zwischen beteiligten Einzelorganismen zurückgeführt werden, muss - selbst wenn das obligatorisch mutualistische sind - die Biozönose nicht als Organismus angenommen werden. Entsprechend der Funktionen, die die Einzelorganismen einer Biozönose füreinander zu haben scheinen, können sie zu funktionellen Gruppen zusammengefasst und können Nischen dieser Einzelorganismen (als Rollen für andere) bestimmt werden. Die Begriffe „Funktion“, „funktionelle Gruppe“ und „Nische“ sind hier in auf Organismen (die Einzelorganismen der Biozönose) bezogenen Bedeutungen sinnvoll, jedoch nicht in solchen, die die Biozönose selbst als Organismus annehmen. Auch von den als „Superorganismen“ bezeichneten synökologischen Einheiten, die nach manchen Autoren durch Prozesse der Gruppenselektion entstehen könnten, werden keine Eigenschaften genannt, die eine Beschreibung als Organismen rechtfertigen würde. Von synökologischen Organismen zu sprechen, könnte allein im Fall von Zellen begründet sein, die Eigenschaften eines Organismus aufweisen (Einzeller), die aber (aufgrund ihrer Abstammung) nicht im Ganzen als einer Art, sondern nach der Herkunft ihrer Bestandteile verschiedenen Arten zuzuordnen sind.     «

Synökologischen Einheiten (Einheiten, in denen Einzelorganismen verschiedener Arten oder deren Populationen aufgrund ihrer Umweltbeziehungen zusammengefasst sind) wurden und werden immer wieder Eigenschaften von Organismen zugeschrieben. Solche Beschreibungen sind in verschiedener Hinsicht sehr umstritten. Ich behandle das wissenschaftstheoretische Problem, inwieweit es zum naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinn sinnvoll sein kann, synökologische Einheiten nach dem Modell eines Organismus zu b...     »

Synecological units (units containing individual organisms or populations of different species due to the relationships with their environment) have often been described like organisms. Such descriptions are controversial for many reasons. I deal with a question of the philosophy of ecology: To what extent is it appropriate to describe synecological units according to the model of an organism, a model which essentially comprises teleological assumptions. My analysis is based on Kant’s concept of the organism presented in his "Critique of the Power of Judgement". A deduction from this theory can be made for ecology: The first and only way to gain objective knowledge about ecological phenomena is causal explanations without any teleological assumption; neither about the whole unit nor about any of the unit’s elements. In cases, however, where the possibility, but not the necessity with which certain traits occur can be explained causally, we can increase our knowledge heuristically by two ways of teleological judgment: (a) Traits are attributed to the "external organizations" of the single organisms within a synecological unit; the "external organization" of an organism refers to the importance (purposiveness) of environmental factors for it. In this case the synecological unit itself is not judged as an organism and therefore is not judged teleologically. (b) Traits are attributed to the "internal organization" of a synecological unit; from this perspective the single organisms within the unit are no longer seen as independent organisms but as organs or parts of an organ of the whole unit as an organism. In this case the concept of a "synecological organism" is possible, but its heuristic use is appropriate only if there is no chance to get any recognition otherwise. The analysis of many descriptions of synecological units from ecological literature shows that in most cases there is no reason for such heuristics: The concepts "organization" (also "self-organization"), "function", "emergence", "hierarchy", "self-maintenance", and "regulation" in meanings referring to organisms are not valid to describe traits of ecosystems which can be explained causally. If the mentioned concepts should be used, their meanings have to be clearly defined as separate from the former ones. If traits of a community are attributed to interactions between single organisms within the community, there is no need to assume the community itself as an organism even if these interactions are obligatory mutualistic. According to their functions, single organisms of the community that seem to serve others can be divided into functional groups, and their niches (roles for others) can be defined. Here, the concepts "function", "functional group", and "niche" are used to refer to organisms (the single organisms of the community) but not assuming the community itself is an organism. Some authors describe certain synecological units which might result from certain processes of group selection as "superorganisms"; however, they mention no traits which can justify a description of those units as organisms. The only cases in which the description of a synecological unit as an organism could be valid are cells showing traits of an (unicellular) organism but besides having parts which belong to different species (due to their origins).     «

Synecological units (units containing individual organisms or populations of different species due to the relationships with their environment) have often been described like organisms. Such descriptions are controversial for many reasons. I deal with a question of the philosophy of ecology: To what extent is it appropriate to describe synecological units according to the model of an organism, a model which essentially comprises teleological assumptions. My analysis is based on Kant’s concept of...     »